Grundsätzlich haftet ein Arzt gemäß § 276 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches für eigenes Verschulden. Zusätzlich haftet der Arzt jedoch auch für schuldhaftes, schädigendes Verhalten seines Praxispersonals. Das Personal dient dem Arzt zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Patienten aus dem Behandlungsvertrag. Die Angestellten einer Praxis sind damit „Erfüllungsgehilfen“ im Sinne des § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Auch für sie haftet der Arzt.
Ähnliches gilt bei der ärztlichen Urlaubsvertretung. Der Arzt bedient sich auch dann zur Erfüllung seiner Pflichten eines anderen Arztes, und haftet somit auch für den Urlaubsvertreter als Erfüllungsgehilfe.
Tätigkeiten, bei denen es gerade auf das fachliche Know-How des Arztes ankommt, müssen von ihm selbst ausgeführt werden. Grundsätzlich muss der Arzt vor der Delegation einer Aufgabe an Pflegekräfte, im Einzelfall prüfen, ob diese die für die Aufgabe erforderlichen Qualifikationen besitzen.
Bestimmte Aufgaben können nur von einem Arzt ausgeführt werden. So darf ein Patient beispielsweise direkt nach einem operativen Eingriff nicht nur der Verantwortung des Anästhesie-Personals überlassen werden.
Eine gesamtschuldnerische Haftung einer Berufsausübungsgemeinschaft kommt dann in Betracht, wenn der entsprechende Eindruck nach außen im Rechtsverkehr entsteht.
Von hoher Bedeutung ist die Haftung eines Krankenhausträgers für Behandlungsfehler. Wie der Arzt für sein Personal, haftet auch der Krankenhausträger für schädigendes, schuldhaftes Verhalten des Personals aus § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Eine Haftung des Krankenhausträgers kann auch auf mangelhafte Organisation und Koordination gestützt werden. Dann handelt es sich um ein eigenes Verschulden des Krankenhausträgers, dem die Pflicht zur Organisation grundsätzlich zukommt.
Problematisch ist die Haftung bei sogenannten „Anfängeroperationen“ - wenn also ein junger Arzt operiert. Der Rechtsprechung nach stellt allein die Tatsache, dass ein junger Arzt operiert, noch keinen Behandlungsfehler dar. Es sei möglich und notwendig, das höhere Verletzungsrisiko des Patienten durch besondere Maßnahmen, wie die Strukturierung und Organisation der Operation, auszugleichen. So könne im Ergebnis der Standard des erfahrenen Facharztes gewahrt werden.
Ein langsames Heranführen des jungen Arztes an das selbständige Operieren sei jedoch unabdingbar. Stets sei eine solche Operation von einem erfahrenen Arzt zu beaufsichtigen. Bei einem chirurgischen Eingriff eines jungen Arztes muss von einem Facharzt assistiert werden. Sind diese notwendigen Anforderungen nicht eingehalten, liegt ein Organisationsverschulden des Krankenhausträgers vor. Eine Haftung kommt in Betracht.
Organisationspflicht des Krankenhausträgers ist es unter anderem auch, sicherzustellen, dass ausreichend Pflegepersonal zur Verfügung steht. Auch muss in einer Frauenklinik innerhalb weniger Minuten ein Facharzt zur Stelle sein. Zudem muss das Pflegepersonal über Gefahren und Reaktionsmöglichkeiten im Krankenhausalltag belehrt werden.
Zwischen an einer Behandlung beteiligten Fachärzten gilt der Vertrauensgrundsatz. Im Normalfall besteht keine gegenseitige Überwachungspflicht. Dennoch müssen die Ärzte sich stets selbst ein Bild machen.
Nach: Ehlers/ Broglie, Arzthaftungsrecht; 5. Auflage 2014; Rn. 765 ff.
Haben Sie Rückfragen?
Die Michael Graf Patientenanwälte helfen Ihnen gerne rund um die Themen Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler, Schmerzensgeld, Berufsunfähigkeit und Unfallversicherung.