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Gliedertaxe.

Bei der Unfallversicherung müssen drei Fristen genau geprüft und beachtet werden.
Bei der Unfallversicherung müssen drei Fristen genau geprüft und beachtet werden.

Unfallversicherung. Gliedertaxe.

Die Gliedertaxe - was ist das und wofür ist sie da?

In der Regel hat jeder Versicherungsnehmer in dem mit der Versicherung geschlossenen Vertrag die Geltung bestimmter Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) vereinbart. So gibt es beispielsweise die AUB aus dem Jahr 1961, 1988, 1994, 2008, 2010. Die jeweiligen Unfallversicherungsbedingungen enthalten immer auch eine bestimmte Gliedertaxe, die dann dementsprechend ebenfalls Anwendung findet. 

Je nachdem, in welchen AUB die anwendbare Gliedertaxe enthalten ist, gelten unterschiedliche Invaliditätsgrade, Leistungsbeschränkungen oder Formulierungen.

 

Jede Gliedertaxe enthält Invaliditätsgrade, die dem Verlust oder der Beeinträchtigung bestimmter Körperteile oder Sinnesorgane zugeordnet sind. Hat der Versicherte durch einen Unfall beispielsweise den Verlust eines Armes erlitten, so ergibt sich aus der Gliedertaxe der Invaliditätsgrad, der für diesen Fall anzunehmen ist.

 

Die Gliedertaxe soll für eine Gleichbehandlung aller Versicherten sorgen, für die sie gilt. Zudem ermöglicht sie so eine gewisse Prämiengerechtigkeit. 

Die Gliedertaxe stellt, sofern sie anwendbar ist, eine spezielle Sonderregelung dar. Damit schließt sie alle anderen Arten der Invaliditätsbemessung aus - sie hat also Geltungsvorrang.

 

Wichtig zu wissen ist, dass der, einer bestimmten Funktionsbeeinträchtigung zugeordnete Grad der Invalidität, abschließenden Charakter hat. Ausstrahlende Schmerzen einer Funktionsbeeinträchtigung sind in dem angebenden Wert bereits mit berücksichtigt. Nur in solchen Fällen, in denen die Ausstrahlung ein so hohes Ausmaß erreicht, dass sie selbst wiederum als eine eigene Funktionsbeeinträchtigung zu sehen ist, wird von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht. Dann gilt, was auch für sonstige Fälle grundsätzlich gilt, in denen mehrere Körperteile beeinträchtigt sind: Die Invaliditätsgrade werten separat ermittelt und dann addiert, wobei der Wert von 100 % nie übersteigen werden kann. 

 

Liegt beim Versicherungsnehmer nur eine teilweise Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Sinnesorgans oder Körperteils vor, so berechnet sich die Invalidität wie folgt: Zunächst wird ermittelt, um wie viel Grad die Funktionsbeeinträchtigung besteht. Diesen Bruchwert multipliziert man dann mit dem in der Taxe angegebenen Prozentsatz. Ein Beispiel:

 

Der Versicherungsnehmer hat seit 2010 eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von EUR 100.000,00. Er erleidet im Jahr 2020 einen Unfall, bei dem sein Arm so geschädigt wird, dass er zu 1/3 seine Funktion verliert.
Nun wird ermittelt wie hoch der in den AUB vorgesehene Gliedertaxen wird ist, hier bspw: 70% Armwert.
Daraus folgt sodann ein Invaliditätsgrad in Höhe von 1/3 von 70% Armwert = 23,3%.
Mithin erhält er eine Invaliditätsleistung in Höhe von 23,3% von EUR 100.000,00 = EUR 23.300,00.

 

Grundsätzlich ist bei der Handhabung der Gliedertaxe immer der Herd der Schädigung maßgeblich. Es gilt also immer herauszufinden, wo der Sitz der Funktionsbeeinträchtigung ist. Nach dem Körperteil des Sitzes bestimmt sich dann der Grad der Invalidität. 

Dabei ist immer vom körpernäheren Glied auszugehen. Der Verlust des Beins deckt damit beispielsweise den Verlust des Fußes bereits mit ab. 

Manchmal existieren für die Funktionsbeeinträchtigung medizinische Kompensationsmöglichkeiten. Dabei kann es sich um Prothesen oder Medikamente handeln, die die Beeinträchtigung ausgleichen können. Bei der Berechnung der Invalidität sind diese Kompensationen zu berücksichtigen. 

Die Michael Graf Rechtsanwälte ermittelt Ihre Fristen exakt und sicher.
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Besonderheit.

Die Besonderheiten der AUB aus dem Jahr 1961.

In der Gliedertaxe, die in den alten AUB 61 enthalten ist, gibt es einige Besonderheiten, über die es sich lohnt Bescheid zu wissen. Zum einen sind in dieser Taxe besondere Regelungen für Augen- und Ohrschäden enthalten. Die Gliedertaxe legt beispielsweise fest, dass beim Verlust beider Augen ein Invaliditätsgrad von 100 % besteht. Der Verlust eines Auges bringt nach der Taxe lediglich einen Invaliditätsgrad von 30 % mit sich. Dies steht im Widerspruch zum Umgang mit paarigen Körperteilen in den neueren Unfallbedingungen. Denn danach werden paarige Körperteile grundsätzlich nicht anders behandelt, als alle anderen einzelnen Körperteile auch. Der Invaliditätswert wird also einzeln, für jedes Teil selbst, ermittelt, und am Schluss addiert. Ein Verlust beider Augen käme danach - beim zugrunde Legen der 30 % - nur auf einen Invaliditätsgrad von 60, nicht 100 %. Denn die neueren Gliedertaxen wollen der Beeinträchtigung paariger Körperteile bewusst keinen höheren „Wert“ zukommen lassen.  

 

Ein weiteres Problemfeld bildet die Fallgruppe sogenannten Vorschäden. Ergeht also um solche Fälle, in denen bereits vor dem Unfallereignis eine bestimmte Beeinträchtigung beim Versicherten vorhanden war. Besonders problematisch ist die Berechnung der Invalidität dann, wenn der Unfall das nicht vorgeschädigte Auge oder Ohr betrifft. Am Ende also auf beiden Augen eine Einschränkung besteht, wovon jedoch nur eine durch den Unfall eingetreten ist. Hier berechnet sich die Invalidität nach einem bestimmten Modus: Unter Berücksichtigung der Vorschäden wird ein Wert ermittelt, der zwischen dem höheren und dem niederen Wert liegt. 

 

Ein Beispiel: Der Versicherte verliert durch den Unfall sein rechtes Auge, welches bereits vor dem Ereignis um 5 % geschädigt war. Das linke Auge war noch zu 3 / 10 gebrauchsfähig. Maßgebend ist jetzt zum einen der Wert, der in der Gliedertaxe für den „Verlust eines Auges“ vorgesehen ist: 30 %. Zum anderen aber auch der Wert, der in der Gliedertaxe für den „Verlust eines Auges, wenn das andere Auge vor dem Versicherungsfall bereits verloren war“ festgelegt ist: 70 %. Vorliegend war das linke Auge vor dem Verlust des rechten Auges zwar nicht ganz verloren, jedoch beeinträchtigt. Insofern ist der zutreffende Wert mithilfe der Mitte beider Werte zu finden. Die Mitte von 70 % und 30 % liegt bei 40 %. Diese 40 % werden dann entsprechend der Gebrauchsunfähigkeit des linken Auges zu 3 / 10 berücksichtigt. Es ergibt sich also ein Wert von 12 %, der von den 70 %, die für den „Verlust des Auges, nachdem das andere bereits verloren war“, vorgesehen sind, abgezogen wird. Zusätzlich wird die Vorschädigung des rechten Auges von 5 % in Abzug gebracht, und damit ebenfalls berücksichtig. Im Ergebnis gilt also: 70% - 12 % = 58 %. Von den 58 % werden dann die 5 % abgezogen = 55,1 %. 

Gelenkrechtsprechung.

Die Gelenkrechtsprechung des BGH.

In den Gliedertaxen der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) aus den Jahren 1988 und 1994 finden sich besondere Formulierungen. Anstatt auf „den Verlust des Armes“ oder „einer Hand“ abzustellen, wie es die neueren Gliedertaxen tun, ist dort vom „Verlust eines Armes im Schultergelenk“ oder dem „Verlust einer Hand im Handgelenk“ die Rede. Der BGH befasste sich mit der Auslegung dieser Formulierungen. Für die Richter war zunächst unklar, ob in diesen Fällen alleine auf das Gelenk abzustellen ist, oder ob eine mögliche Funktionsfähigkeit des unterhalb des Gelenks liegenden Körperteiles zu berücksichtigen ist. Letztlich verfolgte der BGH die sogenannte „Gelenkrechtsprechung“, wonach alleine die Funktionsunfähigkeit der jeweiligen Gelenke maßgebend sein soll. Sind die Gelenke in ihrer Gesamtheit nicht funktionsunfähig, ist der Tatbestand der Gliedertaxe von 88 und 94 nicht erfüllt. Egal wie sehr das unterhalb des Gelenks liegende, körperferne Körperteil beeinträchtigt ist. Diese konsequente Linie des BGH hatte die Umformulierung der Tatbestände in den neueren Gliedertaxen zur Folge. 

Außerhalb der Gliedertaxe.

Die Berechnung der Invalidität außerhalb der Gliedertaxe.

Oft verletzt sich der Versicherte in Folge eines Unfalles Körperteile, die in der Gliedertaxe gar nicht aufgezählt sind. In diesen Fällen ermittelt man den Invaliditätsgrad außerhalb der Taxe. Dabei kommt es dann darauf an, inwiefern die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit des Versicherten beeinträchtigt ist. Hierbei sind nur medizinische Gesichtspunkte relevant. Nach den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen kommt es bei dieser Berechnung außerhalb der Gliedertaxe immer auf die Gesamtbeeinträchtigung an. Es ist also nicht, wie bei der Berechnung innerhalb der Taxe, ein Invaliditätsgrad für jedes Körperteil zu bestimmen und am Ende zu addieren. Vielmehr findet eine Gesamtwürdigung statt. 

Orientiert wird sich dabei an der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Versicherten gleichen Alters und Geschlechts. Besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten des Einzelnen sind gerade nicht relevant. 

Die Ermittlung der Invalidität außerhalb der Gliedertaxe muss dem Wertesystem der Taxe entsprechen. In der Gliedertaxe gibt es Fälle, in denen schon der Verlust einzelner Gliedmaßen zu einem Invaliditätsgrad von 100 % führen kann. Um einen solchen Grad an Invalidität außerhalb der Taxe zu erreichen, darf es also keinesfalls notwendig sein, dass der Versicherte auf keine vorstellbare Art und Weise mehr leistungsfähig ist. 

Haben die Parteien im Versicherungsvertrag die Geltung einer besseren Gliedertaxe festgelegt, so muss sich diese Verbesserung auch im Rahmen der Invaliditätsberechnung außerhalb der Gliedertaxe widerspiegeln. 

Wir beraten Sie gerne.
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