Beim Fahrradfahren mit Helm stürzte unser Mandant in einer Linkskurve auf die linke Seite. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu. Unmittelbar nach dem Sturz diagnostizierte man im Universitätsklinikum eine Halswirbelsäulendistorsion, eine Knieprellung, multiple Schürfwunden und eine laterale Schlüsselbeinfraktur.
Die Behandler versorgten die Schürfwunden und legten unserem Mandanten einen Gilchristverband (Verband bei Verletzungen im Schulterbereich) an.
Nachdem sich unser Mandant eine Zweitmeinung eingeholt hatte, willigte er in die operative Versorgung der Schlüsselbeinfraktur ein. Der Eingriff sollte im Universitätsklinikum stattfinden. Jedoch erfolgte dort keinerlei Aufklärung unseres Mandanten über den Behandlungsablauf und -verlauf, über die Misserfolgsquoten des Eingriffes, oder über konservative Therapiealternativen.
Ohne vorangegangene Aufklärung fand der Eingriff schließlich statt. Die Behandler unternahmen eine „offene Repetition einer Mehrfragment-Fraktur an kleinen Knochen durch eine Schraube, sowie durch eine Platte“. Im Rahmen des Eingriffes wurde das mediale Ende der Platte nicht gemäß dem fachärztlichen Standard angebracht. Deshalb lag es nicht genau auf dem Knochen an. Des Weiteren wurden zwei der insgesamt vier verwendeten Schrauben so eingesetzt, dass sie im Spalt der Fraktur lagen. Dadurch konnten die betroffenen Schrauben das laterale Schlüsselbeinfragment nicht richtig fassen. Die Operation war behandlungsfehlerhaft.
Widersprüchliche Empfehlungen der Ärzte.
Bedingt durch die Behandlungsfehler bestand bereits unmittelbar nach der Operation eine knöcherne Stufe von knapp einem Zentimeter (ein Hochstand des Frakturfragments), die der Operateur - als Facharzt der Unfallchirurgie und Orthopädie - hätte erkennen müssen. Ebenfalls behandlungsfehlerbedingt führte die erste Operation außerdem zu einer erheblichen Minderung der Knochensubstanz. Insofern verschlechterten sich die Erfolgsaussichten einer zweiten Operation.
Post-operativ verordneten die Ärzte unserem Mandanten eine physiotherapeutische Behandlung. Eine Ruhigstellung der Schulter wurde nicht verordnet. Drei Tage nach der Operation fand eine Röntgenkontrolle der Schulter statt. Dort zeigte sich ein lateraler Plattenaufriss. Eine Revisionsoperation war erforderlich und fand vier Tage später statt.
Auch bei dieser zweiten Operation unterlief den Ärzten ein Behandlungsfehler. So brachten sie die verwendete Platte falsch an. In der Folge besteht nun ein Hochstand des Plattenendes von ca. 3 mm.
Auffallend sind zudem die widersprüchlichen Verhaltensempfehlungen, die unser Mandant nach den jeweiligen Operationen von den Ärzten erhielt. Nach dem zweiten Eingriff sollte unser Mandant seine Schulter 5 Wochen lang ruhig halten. Diese Empfehlung beißt sich mit der Verhaltensempfehlung, die nach der ersten Operation ausgesprochen wurde. Dort war von einer Ruhigstellung keine Rede. Stattdessen war unserem Mandanten Physiotherapie empfohlen worden. Dieser Widerspruch ist merkwürdig, da die zweite Operation im Grunde eine Wiederholung der ersten Operation darstellte.
Dauerschaden durch Behandlungsfehler - Wir fordern Schmerzensgeld.
Der unmittelbar durch die erste Operation entstandene linksseitige Schulterhochstand besteht auch heute, also auch nach der Entfernung des eingebrachten Materials deutlich sichtbar fort. Außerdem leidet unser Mandant unter ständigen Schmerzen und Rotationseinschränkungen in der betroffenen Schulter. Auch in psychischer Hinsicht ist unser Mandant geschädigt. Die Bewerkstelligung des alltäglichen Lebens macht ihm schwer zu schaffen. Aufgrund der langen Beeinträchtigungen der Schulter litt unser Mandant unter Depression. Die Ausübung seines Berufs und die Bewältigung des Haushalts ist für unseren Mandanten nur noch eingeschränkt möglich.
Den behandelnden Ärzten sind eine Reihe an Fehlern unterlaufen. Vorliegend erfolgte keinerlei Risiko- oder Verlaufsaufklärung. Im Aufklärungsgespräch wurde unser Mandant weder über Behandlungsalternativen, noch über die Erfolgsaussichten des Eingriffs, oder den Ablauf der Behandlung informiert. Insofern liegt eine mangelhafte Aufklärung und damit ein Aufklärungsfehler vor.
Zudem werfen wir den Behandlern vor, die falsche Therapiemethode ausgewählt zu haben. Denn bei beiden Eingriffen wählten die Ärzte eine nicht für den konkreten Fall geeignete Platte. Die bei der ersten Operation verwendete Platte war zu klein. Auf Grund ihrer Größe war sie nicht dazu geeignet, eine Stabilisierung der Schlüsselbeinfraktur zu sichern. Die im Rahmen der Revisionsoperation verwendete Platte ist laut den Angaben ihres Herstellers für Frakturen des Schlüsselbeinschaftes, nicht aber für die hier vorliegende laterale Schlüsselbeinfraktur bestimmt. Das Verwenden der ungeeigneten Platte verursachte den nun bestehenden, deutlich sichtbaren Hochstand.
Des Weiteren haben es die Behandler versäumt, direkt nach dem ersten Eingriff alle erforderlichen Befunde zu erheben. Denn intraoperativ wurde im Zuge der ersten Operation bereits ein Röntgenbild angefertigt. Die Bildqualität dieser Aufnahme war jedoch so schlecht, dass es nur eingeschränkt zu beurteilen war, ob eine achsengerechte Stellung der Schlüsselbeinfragmente vorlag. Dennoch fand eine aussagekräftige Röntgenkontrolle erst ganze drei Tage nach der Operation statt. Durch eine frühere Röntgenkontrolle hätte man die behandlungsfehlerhaft angebrachte Platte schneller erkenne, und dementsprechend besser auf die Fehlstellung reagieren können.
Ein weiterer Behandlungsfehler liegt in dem fehlerhaften Einsetzen der Kopfverriegelungsschraube im Rahmen der ersten Operation. Denn nur zwei von vier Schrauben erfassen das laterale Schlüsselbeinfragment in korrekter Weise. Die anderen zwei Schrauben verfehlten das Fragment und kamen im Spalt der Fraktur zum Liegen. Dies verstößt gegen den medizinischen Facharztstandard. Denn die so eingesetzten Schrauben halten die Platte nicht am Schlüsselbeinknochen und verhindern durch ihre Fehllage die im Frakturspalt eigentlich gewünschte Vereinigung der Knochenbruchstücke. Das fehlerhafte Setzen der Schrauben verhinderte die Stabilisierung der Fraktur. Es erscheint schlechterdings unverständlich, weshalb einem Facharzt der Unfallchirurgie und Orthopäde ein solcher Fehler unterläuft. Deshalb handelt es sich um einen groben Behandlungsfehler. Unserem Mandanten kommt insofern die Beweislastumkehr zugute.
Für unseren Mandanten fordern wir ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 40.000 Euro. Zudem verlangen wir den bisher entstandenen und den künftigen Haushaltsführungsschaden ersetzt. Außerdem fordern wir die Feststellung der Ersatzpflicht der Antragsgegner für in Folge der Behandlungsfehler noch entstehende sonstige materielle und immaterielle Schäden.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht