Ende des Jahres 2018 hatte das Oberlandesgericht Brandenburg folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes, machte die Klägerin Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung des Mannes geltend. Nach der Prüfung des Sachverhalts erklärte die Berufsunfähigkeitsversicherung die Anfechtung und den Rücktritt aus dem Versicherungsvertrag. Grund dafür sei eine arglistige Täuschung durch den Ehemann der Klägerin. Zudem habe der Ehemann seine Anzeigeobliegenheit verletzt, indem er bei Abschluss der Versicherung zahlreiche Vorerkrankungen nicht angegeben habe. So seien Knieprobleme und Ellenbogenschmerzen verschwiegen worden. Auch habe der Ehemann der Klägerin nicht angegeben, dass einer stationären Behandlung vor Vertragsschluss eine depressive Symptomatik zugrunde gelegen habe. Dass diese depressiven Störungen vermutlich durch zu hohen Alkoholkonsum begünstig wurden, gab der Ehemann der Klägerin bei Abschluss der Versicherung auch nicht preis.
Das Landgericht lehnte das Vorliegen einer arglistigen Täuschung ab. Grund für die Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers sei dessen Neurosyphillis gewesen, die mit den verschwiegenen Gesundheitsproblemen in keinem Zusammenhang stehe. Deshalb entbinde ein Rücktritt vom Versicherungsvertrag diesbezüglich nicht von der Leistungspflicht.
Das OLG Brandenburg hob das Landgerichtsurteil weitgehend auf. Es wies die Klage unter Hinweis darauf ab, dass vom Versicherungsnehmer erhebliche Umstände verschwiegen worden seien. Das OLG wandte bei der Beurteilung des Falls das intertemporale Spaltungsmodell an. Danach ist die Frage, ob vorliegend gegen die Anzeigeobliegenheit verstoßen wurde, nach altem Recht zu beurteilen, da der Vertragsschluss in diesem Fall vor der Reform des Versicherungsvertragsrechts im Jahr 2008 erfolgte (VVG Novelle). Die Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes seien jedoch nach neuem Recht zu beurteilen.
Das Verschweigen der konkreten Beschwerden und Krankheiten durch den Versicherungsnehmer sei nicht mehr als nur fahrlässig zu bewerten. Dem OLG nach lag Arglist vor.
Grundsätzlich müsse der Arglist-Beweis zwar von der Versicherung geführt werden. Da es sich jedoch bei der Arglist um eine innere Tatsache handele, reiche es aus, den Beweis anhand von Indizien zu erbringen. Dabei seien unter anderem die Art, Schwere, Zweckrichtung der falschen Angaben, der Umfang der verschwiegenen Tatsachen, die zeitliche Nähe zur Antragstellung zu berücksichtigen.
Wenn feststehe, dass der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss Angaben objektiv falsch getätigt hat, so treffe diesen eine sekundäre Darlegungslast. Nur, wenn er nachvollziehbar und substantiiert erläutern könne, warum und wie es zu den falschen Angaben gekommen ist, könne er den Arglist-Vorwurf unter Umständen entkräften. Genau dies sei vorliegend jedoch nicht geschehen.
Nach: FD-VersR 2019, 413582; beck online
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… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht